Berufsorientierungscamp der 8. Klasse
Für die 8. Klasse der Mittelschule Kürnachtal stand im Oktober eine besondere Woche zur „vertieften Berufsorientierung“ an. Von Montag bis Freitag waren die 18 Schülerinnen und Schüler mit ihrem Lehrer Gerhard Voglgsang im Jugendgästehaus Schweinfurt untergebracht. In dem modernen Gebäude direkt am Mainufer kam zunächst eine Stimmung wie im Schullandheim auf, denn es ging gleich am ersten Tag abends zum Eislaufen ins Schweinfurter Eisstadion. Zweck der Reise war aber eine intensive Arbeitswoche im „afz“, dem Arbeitsförderungszentrum e.V., einem privaten Anbieter für berufliche Förderung und Integration.
Zusätzlich zu den eigenen Maßnahmen im AWT-Unterricht (Arbeit-Wirtschaft-Technik), dem Berufsberater beim BIZ (Berufsinformationszentrum) und unserem Übergangsmanager Christian Kelle, der vom Schulverband für die Mittelschulen in Estenfeld, Unterpleichfeld und Rimpar angestellt ist, gibt es Angebote von externen Anbietern, die eine Schule als „Module“ buchen kann und die vom Kultusministerium vollständig finanziert werden. Das Fachperso-nal des afz führte also die gesamten theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen durch.
Nach der Auseinandersetzung mit den beruflichen Vorstellungen der Jugendlichen ging es am zweiten Tag in die Werkstätten des afz, die in drei Kleingruppen zu je sechs Schülern durchlaufen wurden. In einer Schreinerei wurden Arbeitsabläufe und Maschinen für die Fertigung von Möbeln vorgeführt. Bei der Unterweisung und dem Backen in der Lehrküche ging es weniger um die feinen Apfelröllchen, die zum Schluss gegessen wurden, vielmehr war es eine Arbeitssituation, wie sie zur Auswahl bei einem Eignungstest eingesetzt werden könnte: Wer befolgt die Regeln? Wie gut wird zusammen gearbeitet? Mit welchem Interesse und Geschick bringt sich ein Bewerber ein? – Ganz tüchtig arbeiten mussten dann die Jungen und Mädchen in der Metallwerkstatt. Auf einer Stahlplatte mit Anschlag wurden mit Hilfe von Distanzleisten die Quadrate für ein Mühle-Spiel aufgezeichnet, dann mussten die Eckpunkte angekörnt und auf die voreingestellte Tiefe exakt gebohrt werden. Am Ende der sehr gut vorbereiteten Arbeit konnten alle ein kleines Mühle-Spiel auf einer Aluminiumplatte mit Steckstiften aus Messing und Stahl mitnehmen. Am Abend haben sich einige mit ihrem Lehrer in dem für sie teilweise unbekannten Mühle-Spiel versucht.
Ein Höhepunkt der Woche war der Besuch auf dem Bauhof der Stadt Schweinfurt mit Besichtigung des Wertstoffhofs der Firma „alba“ nebenan. Ausgerüstet mit Helmen und orangenen Signalwesten erlebte die Klasse eine Führung der besonderen Art: Der Abfallberater der Stadt Schweinfurt verstand es, mit eindringlichen Beispielen das Interesse der Schüler hoch zu halten: „Abfall? Wertloses Zeug? – Nein, hier liegen Tausende von Euros auf jedem Haufen!“ – Ob es sortenrein gelagertes Messing oder Aluminium war, zu Blöcken gepresstes Papier oder der Inhalt eines riesigen Containers mit Plastikflaschen, jetzt um das Vierzigfache verkleinert, immer machte er den Begriff der „Wertstoffe“ sehr anschaulich. Und als er am Beispiel des in zentralafrikanischen Staaten gewonnenen Stoffes „Coltan“ schilderte, dass diese „seltene Erde“ oft mit brutaler Unterdrückung von Kindern und Jugendlichen gewonnen werde, aber keines der Smartphones ohne diesen Stoff wie gewohnt funktionieren würde, kam auch Betroffenheit auf. Wegwerfen? Ständig ein Neues kaufen? Wo kommt das alles her, was ich so selbstverständlich benutze?
Gefragt, was ihnen in dieser Woche nicht gefiel, antworteten die meisten aus der Klasse: „Dass wir das Handy abends um halb elf abgeben mussten!“ Nun, das war natürlich die Härte, nachts um zwei Uhr nicht mehr online sein zu können. Aber vielleicht war am nächsten Tag in Schweinfurt mancher Junge oder manches Mädchen eher in der Lage, beim Arbeiten an Bewerbungsmappen und in Vorstellungsgesprächen etwas wacher dabei zu sein.